Martin Baum

Agrargesellschaft Warnstedt - Präzisionslandwirtschaft seit Jahrzehnten


Viele Betriebe sprechen über teilflächengenauen Ackerbau oder diskutieren darüber wie eine Umsetzung stattfinden kann. Die Agrargesellschaft Warnstedt war von Beginn an davon überzeugt, dass die präzise Bewirtschaftung von Ackerflächen aus ökologischer und ökonomischer Sicht sinnvoll ist.
Bereits vor 20 Jahren wurden Mähdrescher mit Ertragskartierungssystemen ausgestattet. GPS-Antennen und Sensoren ermöglichen so die Erfassung von Ertragsdaten auf den Feldern. Dadurch wurde deutlich, wie heterogen die Felder hier in der Vorharzregion wirklich sind. Es kommt nicht selten vor, dass Erträge innerhalb einer Ackerfläche zwischen 2 und 12 Tonnen je Hektar schwanken können. Schnell wurde klar, dass die durch die Eiszeit geprägten Böden, hinsichtlich ihrer Intensität, unterschiedlich bewirtschaftet werden müssen. Die Ertragskarten der verschiedenen Jahre wurden zu Ertragsdurchschnittskarten verrechnet und konnten als erste Grundlage für eine teilflächenspezifische Bodenbeprobung genutzt werden.

Ertragsdurchschnittskarte

Ertragsdurchschnittskarten errechnet aus mehrjährigen Ertragskarten

Anhand der Ergebnisse wurden Applikationskarten angefertigt und Grundnährstoffe, wie Phosphor oder Kalium, dort ausgebracht, wo sie benötigt wurden. Überversorgte Bereiche wurden nicht gedüngt und schon nach wenigen Jahren konnte die Grundnährstoffversorgung merklich homogenisiert werden.
Aber auch bezüglich der teilflächengenauen Stickstoffdüngung hat die Agrargesellschaft Warnstedt früh erkannt, welch Potential in ihr steckt. Seit 2000 werden Sensoren für die Stickstoffausbringung genutzt. Diese messen während der Überfahrt die aktuelle Versorgung der Pflanze und errechnen direkt die zu applizierende Menge. Der Düngerstreuer reagiert unmittelbar und bringt die so errechnete Menge zielgenau auf die Fläche aus.
Da die Pflanzensensoren lediglich den Ernährungszustand der Pflanzen ermitteln können aber die Ertragsfähigkeit der verschiedenen Böden nicht berücksichtigen, war man weiter auf der Suche nach geeigneten Ansätzen und Konzepten. Heute können Sensoren mit zusätzlichen Informationen versorgt werden, um die Stickstoffdüngung weiter zu optimieren. Die Firma CLAAS bietet z.B. seit einigen Jahren den CROPSENSOR an. Dieser misst sowohl den aktuellen Versorgungszustand der Kultur und berücksichtigt bei der Errechnung der Ausbringmenge die Ertragsfähigkeit der verschiedenen Zonen im Feld. Damit werden weiter positive ökologische und ökonomische Effekte erzielt. Der Sickstoff-Saldo ist ausgeglichen, die N-Effizienz wird gesteigert und die Erträge sowie die Qualitäten können stabilisiert und ggf. gesteigert werden.
Heute helfen Satellitendaten dabei die Kulturen einzuschätzen. Im Betrieb werden die zur Verfügung stehenden Daten ausgewertet und daraus Applikationskarten erarbeitet.

SatellitenbildDer Bordcomputer der Zugmaschine liest die Karte mittels GPS-Empfänger standortgenau ,erkennt die dort abgelegte zu streuende Düngermenge und übermittelt dies dem Düngerstreuer Dieser regulierte dann die Ausbringmenge.
Die aktuellen Satellitenbilder geben dem Pflanzenbauer einen Hinweis darüber, wie die Bestände versorgt sind.
Bodenheterogenitäten können auch beispielsweise durch elektrische Leitfähigkeitsmessungen festgestellt werden und digitalisiert auf Bodenkarten abgelegt werden. In den Jahren nach 2000 wurden so Flächen der Agrargesellschaft gescannt und die Ergebnisse als weitere zusätzliche Datengrundlage genutzt zur Kartierung der Ertragskraft jeder Teilfläche.
Entscheidend ist, dass mittels einer dem Standort angepassten Stickstoff-Düngestrategie das Pflanzenwachstum so gesteuert wird, dass der bestmögliche Ertrag erreicht werden kann. Und da gibt es durchaus wesentliche Unterschiede zwischen guten und schlechten Böden. Man spricht deshalb von Bestandesführung. Der Landwirt muss um die Grundlagen der Ertragsbildung der Fruchtart wissen, damit er seine Bestände auf jeder Teilfläche standortgerecht zum bestmöglichen Ertrag führen kann. Das kann er durch eine gezielte Stickstoffdüngung in 3 Gaben zeitlich verteilt und im Frühjahr durch den Einsatz von Wachstumsreglern.

BodenAuch die Pflanzenschutzspritzen wurden für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung angepasst. Insbesondere die zielgenaue Ausbringung von Wachstumsregulatoren ist gewollt. Heute werden unnötige Überlappungen bei den Anwendungen durch technische Hilfsmittel vermieden und damit auch im Bereich Pflanzenschutz positive Umweltleistungen erbracht.
Die Maschinenflotte (Traktoren, Mähdrescher ) der Agrargesellschaft sind ausnahmslos mit GPS-Technik ausgestattet. Durch die Investition in eine betriebseigene RTK-Station (hochgenaues GPS-Signal) wurde die automatische Lenkung der Maschinen weiter verbessert. Insbesondere bei der Aussaat wird diese technische Lösung sehr deutlich spürbar. Die Reihen der Kulturen liegen kerzengerade im Feld und es gibt so gut wie keine Überlappungen bei der Saat. Immerhin wird eine Genauigkeit bis 2 cm Abweichung erreicht.

Damit Mensch und Maschine überhaupt kommunizieren können, bedarf es geeigneter Softwarelösungen. Schon vor 25 Jahren hat die Agrargesellschaft Warnstedt in Agrarsoftware investiert. Nur so konnten die Maschinendaten gesammelt und strukturiert abgespeichert werden. Auf diesen Datenschatz kann der Betrieb jederzeit zugreifen und die digitalen Informationen so aufbereiten, dass diese letztendlich sinnhaft auf dem Acker genutzt werden können. Dadurch schließt sich letztendlich der Kreis. Maschinendaten werden gesammelt, aufbereitet und wieder nutzbringend auf den Acker gebracht. Wichtig ist dabei, dass die Ergebnisse jährlich überprüft werden und das System ggf. angepasst wird. Nur so ist eine erfolgreiche Integration neuester Technologien im Betrieb umsetzbar.

Fazit

Die Agrargesellschaft Warnstedt war und ist in vielerlei Hinsicht ein Vorreiter im Bereich des sogenannten „Precision Farming“. Nur wenige Betriebe in Deutschland haben eine ähnliche Historie und wissenschaftliche Durchdringung aufzuweisen. Durch die frühzeitige Erkennung des Potentials konnten Erträge gesteigert, Dünger- und Pflanzenschutzmittel eingespart und damit Kosten gesenkt werden. Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolges ist auch den Personen anzurechnen, die diese Thematiken sowohl in der Vergangenheit als auch heute in die Praxis umsetzen. Reger Austausch mit wissenschaftlichen Einrichtungen, Softwareentwicklern, Fachschulungen und der Besuch von Informationsveranstaltungen sind dabei zwar auch teuer aber unverzichtbar. Insgesamt kann der Betrieb eine positive Bilanz ziehen und wird weiterhin mit modernen Systemlösungen arbeiten.

Marcel Fölsch und Dr. Albrecht Kloß